13.05.2008

Globalisierung - Nein Danke?

Es ist ja nicht so, dass zu wenig über Globalisierung diskutiert wird, aber wie mit dem Thema umgegangen wird, wundert mich immer wieder. Die Globalisierung ist wohl das am meisten missverstandene Phänomen der letzten Jahre. Seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert gab es nichts, was zu einem vergleichbaren Schlagwort geworden ist.
Linke und Rechte kloppen auf die Globalisierung ein, als ob sie das größte Übel wäre, dass es zu verhindern gibt. Mich persönlich erinnern sie dabei an Wilde, die versuchen durch Schreie und Schläge einen Regenschauer zu verhindern. In Wirklichkeit ist die Globalsierung - darüber lässt sich allerdings streiten - die einzige Möglichkeit ein Ideal der Linken, nämlich Gleichheit, durchzusetzen (Arbeiter aller Länder vereinigt euch). Dank der Globalisierung haben es bereits Staaten wie Südkorea, Singapur und Taiwan in kurzer Zeit geschafft, den Lebensstandard imens zu steigern. Und wenn man die Globaisierung fair gestaltet, dann geht es am Ende allen besser. Nun ist es entscheidend, dass es fair abläuft und nicht nur die Verluste sondern auch die Gewinne dieser Transformation der Gemeinschaft zukommen.
Es ist kein Wunder, dass viele Menschen, vor allem in einer so auf den Status quo beharrenden Gesellschaft wie Deutschland, Angst bekommen, wenn sie die Stichworte Outsourcing, Konkurrenz und Informationsgesellschaft hören. All das bringt die Welt, in der sie sich wohl fühlen zum wanken. Da die ökonomische Bildung in unseren Schulen miserabel ist und auch noch die Presse ständig alles verallgemeinert und durcheinander bringt, weiß ohnehin keiner, worum es geht, aber es ist irgendwie böse. Bei dieser negativen Grundeinstellung ist es für Extreme (Linke und Rechte) dann auch einfach, gegen die Globalisierung zu poltern und mit verdrehten Fakten bildungsferne Schichten für sich zu gewinnen.
Vor ein paar Tagen las ich in einem Magazin, dass laut einer Untersuchung Dänemark am meisten von der IT-Technologie profitiert. Deutschland lag in diesem Ranking auf Platz 16 und Indien auf Platz 50. Leider war es nur eine Aufzählung von Zahlen und das Magazin beschäftigte sich nicht weiter mit dieser Untersuchung. Das war auch nicht das Ziel, daher will ich das nicht kritisieren. Aber ich will dies zum Anlass nehmen einmal zu zeigen, wie problematisch und verwirrend die Globalisierungsdiskussion ist. Denn wann immer ich so etwas lese - und das passiert sehr oft - komme ich nicht davon weg, darüber nachzudenken, was es eigentlich aussagt.
Bei diesem Ranking kommen gleich mehrere Fragen auf:
1. Was ist die Einheit des Profits?
2. Wer profitiert in Deutschland (bzw. dem jeweiligen Land)
3. Welcher Zeithorizont wurde betrachtet?

Die Frage, wie Profit gemessen wird, ist bei weitem nicht trivial. Mal angenommen ist wird in geschaffenen Nettoarbeitsplätzen gemessen und in Deutschland und Indien sind jeweils 1000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden. Dann sind beide Länder gleich. Misst man dagegen in neue Arbeitsplätze im Verhältnis zu den bereits vorhandenen Arbeitsplätzen, liegt Indien aufgrund der Einwohnerzahl deutlich hinter Deutschland.
Es könnte auch in Wirtschaftswachstum in US$ oder Prozent gemessen werden, auch die beiden Werte würden ein unterschiedliches Ranking ergeben.

Die Frage nach dem Profiteur ist ebenso wichtig. Profitieren Unternehmen aufgrund von Kostensenkung durch Outsourcing und reduziertem Bedarf an Mitarbeitern? Oder profitieren Menschen, die aufgrund ihrer Ideen neue Unternehmen gründen. Profitiert am Ende der Staat, weil die Steuereinnahmen steigen, oder werden diese Mehreinnahmen von Verlusten in anderen Bereichen aufgefressen.
Es ist wohl für jeden verständlich, dass in Ländern wie Indien, die Profite eher im Vordergrund stehen, während in Industriestaaten wie Deutschland aufgrund der starken Veränderungen viele Menschen die Gefahr sehen am Ende der Entwicklung als Verlierer dazustehen.

Die Frage, in welchem Zeitraum gemessen wurde ist auch wichtig. Denn es zählt ja auch, wer wird am Ende der Entwicklung wirklich ein Gewinner sein? Und welches Land ist in der Lage den schwierigen Transformationsprozess ohne politische und soziale Unruhen zu durchlaufen. Außerdem ist Gewinnen ja auch immer relativ zu anderen.

Ich zweifle daran, dass die meisten Deutschen es als einen Erfolg bewerten wenn ihr Einkommen um 100 Prozent steigt, aber sie jetzt nicht mehr 10 Mal so viel wie ein Inder, sondern nur noch 2 Mal so viel verdienen. Allein die steigenden Rohstoffpreise machen die Menschen wütend, als ob es ein Verbrechen wäre, dass Entwicklungsländer aufholen und die Menschen dort unseren Lebensstandard anstreben. Vor allem dieses Verhalten wirft die Frage auf, ob es bei der Globalisierungsdebatte um Gerechtigkeit oder um die Wahrung der eigenen Privilegien geht. Andererseits kann man sich auch fragen, ob wir darüber diskutieren sollten, ob es regnen wird, wenn der Himmel schwarz wird, oder ob wir uns nicht schleunigst einen Regenschirm besorgen sollten.
Ich frage mich also jedes Mal, ist es die fehlende ökonomische Bildung, ist es ein Mangel an Mut oder der dringende Wunsch besser zu sein als andere ohne dafür zu arbeiten, dass die Globalisierungsdebatte in Medien und Politik so verwirrend und an den Stammtischen so unerträglich macht.

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