16.01.2008

Kein Autorenstreik in Deutschland

Es ist eine Art Sport für mich - sozusagen gedankenpingpong - die in der Uni-Mensa rumfliegenden Mitteilungsblätter politischer Gruppierungen zu lesen. Am allerliebsten lese ich die Flugblätter einer sehr linken Gruppe. Das macht vor allem deswegen Spaß, weil der Autor, bzw. die Autoren sich in pseudointellektuellen Mega-Sätzen verstricken. Am Ende wissen sie selbst nicht mehr, worauf sie hinaus wollen. Deswegen landen sie immer bei Kapitalismus, Faschismus und Ausbeutung. Natürlich berufen sie sich immer auf Marx und Engels und zitieren mit Vorliebe Kurt Tucholsky oder Bertholt Brecht. Berechtigter Weise wurde diese Gruppe gerade in einem Flyer einer anderen linken Gruppe als links-reaktionär bezeichnet.
Umso erstaunter war ich, als ich vor kurzem auf einem dieser Zettel ein interessantes Zitat von Tucholsky fand. Es lautet: „Das Leben wird nicht leichter dadurch, daß sich jeder einbildet, er sei eine Ritterburg für sich – »reichsunmittelbar« ist ein altes deutsches Ideal und ein schlechtes dazu. Subordiniert – das ist die schlechte Arbeit von gestern. Koordiniert – das ist die gute Arbeit von morgen.“
Spontan musste ich an den Streik der Drehbuchautoren in den USA denken. Wie lange geht der jetzt schon? Über 2 Monate und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Verleihung der Golden Globes hat er verhindert. Mit den Oscars könnte ähnliches passieren. Und was ist in Deutschland? Gar nichts. Nicht, dass die Autoren hierzulande in Saus und Braus leben. Nein, wie aus einer Stellungnahme des Verbandes deutscher Drehbuchautoren (VDD) hervor geht, verdienen die zwischen 25 und 28 000 Euro im Jahr. Anders als die WGA in den USA, ist der VDD aber keine Gewerkschaft, deswegen können die Mitglieder auch nicht streiken. Und einen Tarifvertrag gibt es schon gar nicht.
Ja, so ist das mit den Freischaffenden in diesem Land. Praktikanten (Grafiker, Texter, etc.) in Werbeagenturen arbeiten trotz Abschluss für lau, Grafiker gehen für weniger als 30 Euro/Std. anschaffen. Natürlich Scheinselbständig, ohne Sozialversicherung, Lohn im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub. Selbst die niedergelassenen Ärzte haben nicht mehr als eine Drohung hinbekommen. Gestreikt haben sie dann doch nicht, oder habt ihr was mitbekommen.
Ja, die richtig coolen Leute in diesem Land sind kreativ, ihr eigener Boss und Einzelkämpfer. Jammern tun sie am Ende aber alle. Vor allem, weil sie alleine nichts ausrichten können. Schließlich sind genug andere da, die zu gleichen Konditionen bereit wären einzuspringen. Ein Fitness-Studio-Besitzer erzählte mir einmal, er hätte versucht einen losen Zusammenschluss selbständiger Studios zu organisieren. So hätte man z.B. durch gemeinsame Bestellungen Rabatte aushandeln können. Hat natürlich nicht geklappt, die anderen wollten ja nicht, dass er aus ihren Bestellmengen Rückschlüsse auf ihr Geschäft fassen kann. Ihr könnt euch denken, wie viele sich gegen Fitness Company und co. behaupten konnten.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wozu denn über Arbeitsbedingungen der kreativen Branche aufregen? Ist zwar wenig Geld etc. dafür darf man aber bei Scholz & Friends oder Jung von Matt arbeiten und hat einen Super-Namen in seinem Lebenslauf. Und zu Weihnachten gibt es auch manchmal einen iPod geschenkt (Mit Gravur!!!). Wenn man die Zeit hat darf man auch mal auf Firmenkosten ins Kino. Ist doch supergeil das alles. Für Sozialprestige muss man halt Opfer bringen und da ist überall ein so geile Athmo bei den Arties.

gedankenpingpong hat gesagt…

Ich bin ja nur neidisch, weil ich unegfähr so artie bin wie ein Stein und da nie mitmachen könnte...