05.01.2008

Auch ohne Feuilleton

Es scheint Künstler zu geben, die der Feuilleton, zwar gerne mögen würde, es aber nicht kann. Irgendwie wissen die Herrn Intellektuellen einfach nicht mit Ihnen umzugehen. Eines dieser eventuellen Genies ist Wes Anderson.
Bereits bei seinem zweiten Film Rushmore (1998) schwärmte die Zeit für diese Ausnahmeerscheinung. So richtig erfassen konnte ihn Jürgen von Rutenberg in seinem Artikel für die Zeit aber nicht. Vielleicht doch, leider denkt man beim Lesen des Artikels aber manchmal, ein verliebtes Mädchen berichtet von ihrem Schwarm. Zugegeben, die Geschichte über den 15Jaehrigen Max Fisher ist sehr phantasievoll und irgendwie lächerlich, aber einfach genial.
Er besucht die 10. Klasse der Rushmore Academy und ist der schlechteste Schüler der Schule. Dafür engagiert er sich aber anders: unter seiner Anleitung finden die Arbeitsgruppen Schach, Deutsch, Französisch, Astronomie, Kaligrafie, Völkerball, Tontaubenschießen, Fechten, Bienenzüchten und der Debattierclub statt. Mit dem Schultheater, auch genannt The Max Fischer Players, adaptiert Fischer coole Kinoklassiker wie Apocalypse Now und Serpico. Daneben ist er noch Herausgeber und Chefredakteur der Schulzeitschrift Yankee Review.
Mit dem zweiten Film, Die Royal Tenenbaums (2001), waren dann viele überfordert. Der Spiegel beschimpfte Anderson sogar als Nervensäge und wunderte sich, warum er für seine Filme Schauspieler wie Gene Hackman, Gwyneth Paltrow, Ben Stiller oder Bill Murrey gewinnen kann.
Dabei ist die Geschichte der Familie Tenenbaum einfach genial. Vater Royal ist ein totales Arschloch, macht alle fertig und haut dann ab. 20 Jahre später kommt er zurück und sagt er müsse bald sterben. Alle drei Kinder sind wieder bei der Mutter eingezogen und haben einen an der Marmel. Die Charaktere sind alle gut durchdacht und die Frage, ob man sich in seine Adoptivschwester verlieben darf, hätte schon viel früher cineastisch behandelt werden sollen.
Als 2004 der Film die die Tiefseetaucher in die Kinos kam, hatten die beiden Vorgänger bereits Kultstatus erworben - auch ohne Feuilleton. Der lobte jetzt den Film (und den Regisseur) in den Himmel. Bill Murrey macht sich, als Ozeanograf Steve Zissou, auf die Suche nach einem Jaguar-Hai, der seinen Partner getötet hat.

Nun ist Darjeeling Limited in den Kinos und die Presse nimmt einen neuen Anlauf, Anderson zu verstehen. Die Netzeitung zweifelt daran, ob das überhaupt jemand kann. Welt Online lobt den Film und Spiegel Online umschwärmt den Mann, so dass einem schlecht wird.
Allerdings ist der Film in nahezu jeder Hinsicht eine Meisterleistung: Drei Brüder, die sich eigentlich nicht leiden können machen eine spirituelle Reise durch Indien. Die Charaktere sind ausgereifter denn je, die Kameraführung macht einfach Spaß und der Soundtrack ist genial. Und zugegeben: Wer es sich leisten kann, Bill Murrey für eine einzige Szene ohne Dialog nach Indien fliegen zu lassen hat es geschafft. Warum die großen Kinos, zumindest in Hamburg, den Film bisher nicht spielen ist mir ein Rätsel. Aber an OmU hat man eh mehr Spaß.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ist dieses Eventuell-Genie auch eventuell-komisch? In Hollywood ist es ja in Mode, dass der Trailer schon alle guten Gags beinhaltet. Ich tippe mal, das ist beim Wes nicht der Fall.

Anonym hat gesagt…

Ja, der Trailer ist nur in sehr kleiner Auszug der Genialität des Films.