22.06.2008

Debütantenball

Die Feierlichkeiten meines Älterwerdens haben mir in den vergangenen Wochen zwei Romane auf den Tisch geweht. Wie der Zufall so will, sind es beides Debutromane. Der eine sorgte letztes Jahr in Großbritannien für Furore als bester Debutroman. Der andere sorgt gerade in Deutschland, als wohl bestverkauftes Buch seit Harry Potter Teil X, für Diskussionen.
Was haben denn jetzt beide Bücher gemeinsam, außer, dass sie Debutromane sind und von Briten geschrieben wurden? Nun, beide überschreiten wohl die "Grenzen des guten Geschmacks", wenn auch in größtenteils unterschiedlicher Art und Weise. Ein jugens, Masturbierendes Mädchen in einem Krankenhauszimmer oder ein wichsender Typ am Spion seiner Wohnungstür. Was davon ist schlimmer? Was "geschmackloser"? Nun, ich sag ja immer, wenn's der Charakterbildung (der im Roman) dient, dann ist beides gleichgut.
Was haben die beiden Bücher noch gemeinsam? Beide sind in der Form des Ich-Erzählers geschrieben und beide Protagonisten sind so, wie sie sind, aufgrund ihrer Vergangenheit. Beide Autoren nehmen sich Zeit, den Charakter der Protagonistin / des Protagonisten zu formen. Beide Bücher brechen ein paar Tabus, das eine mehr, das andere weniger und beide sind etwas eklig, man muss sich aber auf sie einlassen. Wenn man aber Sieben tage von Johnny Glynn liest, wird einem klar, dass Charlotte Roches Feuchtgebiete eigentlich gar nicht so viel extremer ist, als andere Bücher. Der Tabubruch besteht einzig darin, dass eine Frau im Mittelpunkt steht. Bücher über eklige Männer gibt es ja genug. Nur über eklige Frauen redet man nicht. Zumindest in älteren Generationen. Wenn sich also irgend welche lüsternen Alten darüber auslassen und echauffieren, dann ok - von mir aus. Was dabei schade, ist, dass zu selten gesagt wird, was für ein gelungener und pointierter, gesellschaftskritischer Gegenwartsroman sich da in diesem muschirosafarbenen Einband verbirgt. Unbedingt lesen, und zwar beide Bücher.




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